England/Wales

11.06. Llangollen - Lake Bala (45km / 605km)

Sigi: Es geht heute rauf und runter, wir kommen aber gut klar. Mehr Probleme macht der Wind (gut, dass es hier überall Hecken und Bäume gibt) Pause an Heckeund es sprüht öfter mal etwas. Immer dann wünsche ich mir, ich hätte das Seidenhemd noch zusätzlich an. Zum Glück kommt die Sonne oft durch.

Auf das große Kettenblatt wechsel ich heute nicht (wg. der Schaltprobleme) - ist aber kein Problem. Bergab macht Treten bei Gegenwind sowieso keinen Spaß. Die Bremsen brauche ich dadurch auch kaum, nur bei extremem Gefälle. Dabei habe ich mir extra noch beim Wechseln der Bremsgummis einen abgebrochen. Habe alles abschrauben müssen, dabei weiß ich, dass es eine ganz einfache Methode geben muss. Na ja, nach der Heimkehr werde ich das herausfinden, für das nächste Mal. Am Vormittag gibt es in einem gemütlichen Inn eine Kanne Tee. Teepause Mittags gönnen wir uns eine leckere Pastete und eine Stunde vor dem Ziel lassen wir uns noch zu einem Tee und einer Cafetiere nieder. Obwohl es recht frisch ist, bleiben wir draußen, um die umliegenden Höhen zu genießen.

Katrin: Nach dem Zeltabbau immer unter Regendrohung ging es gegen 9:30 in den Ort. Frühstück von Spar (Milch und Äpfel zu unserem Müsli und Joghurt vom Vortag). Relativ lange noch im Ort gewesen: diverse Tandemgespräche mit Spaziergängern und einem Maler, der hinter uns Schaufensterrahmen strich. Langsam finde ich die ganzen Tandeminteressierten etwas anstrengend. Vieles wiederholt sich. Andererseits kommt man so immer leicht mit den Leuten ins Gespräch, mit Touristen und Ureinwohnern gleichermaßen.

Sobald wir aus dem Ort raus waren und auf dem Weg zu den Horseshoefalls (die heißen wirklich so) ging es los mit den steilen Steigungen. Ganz schön happig. Die Falls stellten sich dann als Mini-Miniversion von Wasserfällen oder vielleicht als erwachsene Stromschnellen heraus. Sehen konnte man vom ausgeschilderten Punkt so gut wie nichts von ihnen. Das Geräusch untermalte allerdings den Blick über den Dee auf die gegenüberliegenden grünen Berge wunderbar. Man kam sich vor wie mitten in der Natur. Von der höherliegenden Straße war nichts mehr zu merken. Zwei Wanderer saßen unten am Fluss in der Sonne. Ich hätte es ihnen gerne nachgemacht, aber der Fluss war nur über einen steilen Weg nach einer Viehklappe erreichbar. Daher war Siegfried mit dem Rad oben an der Kircheneinfahrt stehengeblieben. Wie sich herausstellte, hatte er inzwischen angefangen, die Bremsbelege auszuwechseln. Die Pause würde also noch etwas länger dauern und ich hätte wohl doch noch unten bleiben können. Nachdem ich ein wenig beim Auswechseln geholfen hatte und nichts mehr tun konnte, bin ich zu der Kirche heruntergegangen, wo leider gerade jemand das kniehohe Gras zwischen den alten Grabsteinen abmähte. Nur ein kleiner Teil der Grabsteine waren keltische Kreuze, die meisten sehr flache oben rund oder gotisch spitz endende Tafeln. Manchmal sieht man auch einfache Kreuze und öfter auch ganze Grabmale in Quaderform (aber ohne Figuren).

Die kleine gotische Sandsteinkirche war leider verschlossen, und weil der Traktorrasenmäher zwischen den Gräbern herumfuhr, mochte ich auch kein Photo machen. Schade, denn Friedhöfe sind hier meistens sehr dekorativ. Gras zwischen den Steinen und gelegentlich Efeu auf einem Stein oder Grabmal und ab und zu ein Baum. Ein älterer Mann, den wir unterwegs trafen berichtete uns von seiner Reise nach Deutschland und ungefähr der zweite Satz war, daß ihn dort die Friedhöfe beeindruckt hätten. Alles so ordentlich aufgereiht und nach Jahreszahlen geordnet. Naja, Geschmäcker sind verschieden.

Die Bremsenwechselei hat eine ganze Weile gedauert, begleitet von entsprechendem Gefluche. Nein, eigentlich war es ziemlich harmlos im Vergleich zu dem Gefluche beim Gangschaltungsproblem. Die Schaltung funktioniert übrigens wieder ganz gut. Heute ist "nur" zweimal die Kette herausgesprungen. Allerdings haben wir auch das dritte (große) Kettenblatt nicht benutzt.

Nach weiterem hoch und runter, anstrengend aber mit schönen Ausblicken auf grüne, teilweise dicht baumbestandene, teilweise schafbeweidete Hügel mit gelegentlichen Farmhäusern, haben wir eine Pause am Sun Inn gemacht, kurz hinter Rhewl (?). Ein nettes, weißgekalktes Gebäude aus dem 18. Jhdt. mit niedriger balkengestützter Decke. Sehr liebevoll eingerichtet und gut in Schuß, nur daß die Deckenstützbalken (auch der über dem riesigen ehemaligen Kamin) schwarzglänzend lackiert waren irritierte etwas.

Der Tee mit Milch war gut, und zum ersten Mal bekamen wir noch heißes Wasser dazu. Draußen auf dem Hof fuhr ein gelb-silberner Oldtimer(-Nachbau?) auf, und fast gleichzeitig kam ein kräftiger brauner Gaul mit Reiterin an, aber es kam niemand ins Gebäude. Anscheinend gab es noch irgendwo einen gut versteckten Biergarten. Weiter ging’s - bergab, bergauf, Schafe erschrecken (natürlich nicht mit Absicht). Zum Glück war wirklich wenig Verkehr. Gelegentlich kam links oder rechts eine Schichtsteinmauer, meistens aber hohe grüne Laubhecken mit gelegentlichen Lücken oder Bäumen. Einmal ein älterer Herr, der in seinem Gemüsegarten arbeitete. Immer wieder mal konnte man auch den Fluss sehen und nach fast jeder Kurve tat sich ein neuer Blick auf's Tal auf. Überall grün, bis auf vereinzelte graue Felsen oder dicke Steine. Und natürlich Häuser, gelegentlich auch ein altes aus grauem Stein.

Kurz vor der steingrauen Kleinstadt Corwen ging es nochmal bergauf und der Verkehr wurde dichter. In Corwen haben wir uns dann einen halben Chicken and Vegetable Pie aus einem niedlichen kleinen Tante-Emma-Delikatessen-Laden geteilt. Praktischerweise lag er neben dem Buswartehäuschen mit Bank, auf der wir dann Pause gemacht haben. Kurzzeitig saß neben uns eine Frau, die auf Walisisch ins Handy quatschte. Das erste Walisisch! Klingt wie eine entmystifizierte Version der Elfensprache aus Herr der Ringe. Von unserem Pausenplatz konnten wir die kleinen Läden des Ortszentrums gut überblicken, so daß es jede Menge Unterhaltung gab. Es kamen leider nicht nur viele Menschen vorbei, sondern auch viele Autos, besonders LKWs. Viele davon bewegten sich auch noch in die Richtung, die auch wir nehmen wollten - oh Graus!

Nach der längeren Pause ging es weiter bergauf (aber nicht nur). Sobald wir aus dem Ort heraus waren, wurde es zum Glück wieder relativ ruhig auf den Straßen.

Wir haben dann in Llandrillo noch eine kleine Pause an einer alten Steinbrücke über einen Bach gemacht. Neben dem Picknickplatz mit Holzbänken und Tisch spielte anfangs ein Haufen Grundschulkinder in Uniform auf dem Spielplatz, bis sie nach und nach von ihren Eltern abgeholt wurden. Ein paar Wanderer kamen auch vorbei und zogen sich neben ihrem Auto um, um dann weiter in die Stadt zu gehen. Wandern scheint hier wesentlich verbreiteter zu sein als Radfahren.

Später wurde die anstrengende Bergauffahrerei durch eine weitere Pause am B... (walisisch) Inn an der Abzweigung nach Bala bei Pale aufgelockert. Sehr schön sahnige Milch und guter Tee.

Netter Innenraum, aber wir blieben draußen, denn dort gab es einen wunderbaren Ausblick auf die Hügelkette jenseits des Tals. Es waren dann nur noch vier Meilen bis Bala. Wir sind zu einem Campingplatz beim Bala Lake gefahren, allerdings zu weit vom See um ihn zu sehen. Und hier ging es 600 Yards fast nur und teilweise extrem steil bergauf von der Straße zum Campingplatz, der wohl zu einem Bauernhof gehört. Muß allerdings nicht sein. Jedenfalls hört man auch hier in der Ferne Schafe.

Nach dem Zeltaufbau sind wir dann gleich zum Shop, Baked Beans und schimmeliges Brot kaufen. Wobei wir erst die kleine Schwester der Rezeption überzeugen mussten, daß ihre große Schwester gesagt hatte, sie könne den Laden kurz für uns öffnen: Der Laden ist zu - Deine Mutter hat aber gesagt, sie würde ihn kurz aufmachen - Sie ist meine Schwester und der Laden ist zu - Vielleicht könnte man ihn aber kurz öffnen - Ja, das ginge vielleicht...

Kleine blonde Göre mit Nagellack, wesentlich kontaktfreudiger als ihre große Schwester, die etwas im Stress schien.

Als wir aus dem Shop kamen, war der leichte Nieselregen, der kurz vor Betreten des Ladens begonnen hatte, wesentlich stärker geworden. Wir sind zum Zelt gewetzt und es pladderte zehn Minuten ganz ordentlich. Der Regen ging nach einer ganzen Weile schließlich in Sonnenregen über, bevor er wieder aufhörte. Wir sind sehr glücklich, daß wir das Zelt vor der ganzen Regnerei aufgebaut haben. Jetzt scheint gerade wieder die Sonne, ich sitze hier und schreibe und Siegfried liest. Gerade ist die Sonne wieder verschwunden und es wird etwas kühler. Hier scheint es eine Menge Mücken zu geben. Hoffentlich erwischt mich keine, wenn ich gleich abwaschen gehe. Nachtrag: Ich hatte Glück.

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Über Anregungen und Kommentare freut sich Siegfried Schlawin .

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